Ulrich Knefelkamp
♰ 25.11.2020
Nachruf der Viadrina:
„Am wichtigsten waren ihm die Brücken zwischen den Menschen“ – Nachruf auf Prof. Dr. Dr. Ulrich Knefelkamp
Janine
Nuyken/ Prof. Dr. Klaus Weber
Die
Europa-Universität trauert um Prof. em. Dr. Dr. Ulrich
Knefelkamp, der von 1994 bis 2016 die Professur für
Mittelalterliche Geschichte innehatte. Wir verlieren
einen wissenschaftlich und menschlich geschätzten Lehrer,
Mentor und Kollegen.
Ulrich Knefelkamp gehörte zu denen, die die Europa-Universität und die Kulturwissenschaftliche Fakultät aufgebaut haben. Dafür hatte er nicht nur eine Vision – er konnte auch anpacken und ausdauernd am Ball bleiben. Das Hauptgebäude war im Jahr seines Dienstantritts noch Baustelle; der Lehrbetrieb und die Verwaltung mussten fast aus dem Nichts geschaffen werden. Erste, für den Betrieb unabdingbare Formulare tippten Sekretärinnen auf ihren von zu Hause mitgebrachten Schreibmaschinen, denn zunächst waren nicht einmal Computer vorhanden, wie er sich anlässlich des 25. Jubiläums der Viadrina erinnerte. Und genau das hat ihm großen Spaß gemacht: sehen können, wie gemeinsames Arbeiten unmittelbar Früchte trägt. Dies hat ihn in diesen Aufbaujahren mit vielen weiteren engagierten Menschen dauerhaft verbunden. Sein Engagement in der universitären Selbstverwaltung setzte er ununterbrochen fort – als Dekan und langjähriger Vorsitzender des Prüfungsausschusses der Kulturwissenschaftlichen Fakultät, als Vorsitzender des Senats und als Mitglied im Stiftungsrat der Universität, um nur seine wichtigsten Ämter zu nennen. Die gesamte Viadrina profitierte von seinem umfassenden Verständnis für den Aufbau dieser Wissenschafts- und Verwaltungsmaschine.
Ulrich Knefelkamp gehörte zu denen, die die Europa-Universität und die Kulturwissenschaftliche Fakultät aufgebaut haben. Dafür hatte er nicht nur eine Vision – er konnte auch anpacken und ausdauernd am Ball bleiben. Das Hauptgebäude war im Jahr seines Dienstantritts noch Baustelle; der Lehrbetrieb und die Verwaltung mussten fast aus dem Nichts geschaffen werden. Erste, für den Betrieb unabdingbare Formulare tippten Sekretärinnen auf ihren von zu Hause mitgebrachten Schreibmaschinen, denn zunächst waren nicht einmal Computer vorhanden, wie er sich anlässlich des 25. Jubiläums der Viadrina erinnerte. Und genau das hat ihm großen Spaß gemacht: sehen können, wie gemeinsames Arbeiten unmittelbar Früchte trägt. Dies hat ihn in diesen Aufbaujahren mit vielen weiteren engagierten Menschen dauerhaft verbunden. Sein Engagement in der universitären Selbstverwaltung setzte er ununterbrochen fort – als Dekan und langjähriger Vorsitzender des Prüfungsausschusses der Kulturwissenschaftlichen Fakultät, als Vorsitzender des Senats und als Mitglied im Stiftungsrat der Universität, um nur seine wichtigsten Ämter zu nennen. Die gesamte Viadrina profitierte von seinem umfassenden Verständnis für den Aufbau dieser Wissenschafts- und Verwaltungsmaschine.
Das
Mittelalter, das so fern scheint und doch viele Grundlagen
unserer heutigen Welt gelegt hat, brachte er seinem
Publikum nicht nur im Hörsaal, sondern auch in
Forschungsprojekten nahe, aus denen zahlreiche
Abschlussarbeiten und Dissertationen hervorgegangen sind.
Frankfurt an der Oder? Selbst denen, die hier studieren,
erscheint die Stadt oft reizlos, aber dieser Professor
konnte sie für die Geschichte ihres Studienortes
begeistern. Paläographie? Das Wort löst bei Studierenden
recht zuverlässig Fluchtreflexe aus. Doch dieser Professor
konnte ganze Jahrgänge zum wackeren und ausdauernden
Entziffern mittelalterlicher Handschriften motivieren.
Jedenfalls wenn sie in konkreten Projekten wie etwa zum
Jakobsweg die Relevanz der Ergebnisse sehen konnten. Die
Arbeiten des gebürtigen Westfalen hatten auch in seiner
fränkischen Wahlheimat regionale Bezüge. So hat er in
Bamberg zu den dortigen Hexenverfolgungen geforscht und
sich für die Errichtung des 2015 fertiggestellten Mahnmals
für deren Opfer eingesetzt. Die Hexenjagden hatten ihren
Höhepunkt freilich nicht im angeblich finsteren
Mittelalter, sondern erst im 16. und 17. Jahrhundert
erreicht – kein fremdes Terrain für Ulrich Knefelkamp, der
sich in Lehre und Forschung auf beiden Seiten der
Epochenschwelle bewegte. Das tat er z. B. auch zur
Reformation oder zur Geschichte der europäischen
Expansion, und es spiegelt sich in seiner großen Studie
zum „Heilig-Geist-Spital in Nürnberg vom 14. - 17.
Jahrhundert“ oder in seinen Überblicksdarstellungen wider.
Vor diesem weiten Horizont vermittelte er, wie sehr unsere
Geschichtsbilder von Mythen und Stereotypen geprägt sind
und historischem Wandel unterliegen.
Begeistert
hat Ulrich Knefelkamp der interdisziplinäre Ansatz der
Viadrina. Rechts- oder auch medizinhistorische Fragen
durchzogen seine Forschung und Lehre schon, bevor er hier
ankam. Mit Lehrveranstaltungen, die er gemeinsam mit
Kolleginnen und Kollegen aus der Juristischen Fakultät
durchführte, hat er einen wichtigen Beitrag zur Stärkung
der Interdisziplinarität an der Viadrina geleistet.
Als institutioneller Brückenbauer knüpfte er schon früh Kontakte zwischen der Viadrina und vielen polnischen Hochschulen. Zentral war für ihn neben der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań und der Uniwersytet Warszawski von Beginn an die Verbindung zwischen der Viadrina und der Universität in Wrocław. Zahlreiche gemeinsame Vorhaben hat er angestoßen und mit umgesetzt – bis heute wegweisend ist die Digitalisierung der Bibliothek der alten Viadrina, die seit Schließung der alten Frankfurter Universität physisch in Wrocław zu Hause ist.
Von großer Bedeutung war für „Uli“, wie die meisten ihn nannten, die Verbindung zwischen der Viadrina und der Stadt Frankfurt (Oder). Auch diese Bezüge spiegeln sich in seinen Publikationen, etwa in seinem Sammelband zur Antichrist-Darstellung in den Glasmalereien der Frankfurter Marienkirche wider. Sein Buch zur Stadtgeschichte vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart und seine Studie über „Frankfurt (Oder) und die deutsche Sportgeschichte“ sollten in Frankfurt alle kennen. Ulrich Knefelkamp ist aber einer der Wissenschaftler, die nicht nur durch ihre Bücher wirken. Er wirkt weiterhin auch durch seine immer historisch geerdeten Projekte, die nicht nur die Verbindungen zwischen Universität, Stadt und Region stärken, sondern auch die Verbindungen zwischen den polnischen und deutschen Nachbarn. Zudem hat er die Studierenden ermutigt und befähigt, lokale Projekte zu entwickeln, in denen Stadtverwaltung, örtliche Vereine und einzelne Bürgerinnen und Bürger kooperierten. Neue Vereine gingen daraus hervor, wie der Förderverein zur Erforschung der Geschichte der Viadrina oder die international ausgerichtete Jakobusgesellschaft Brandenburg-Oderregion. Von seinen größeren Projekten ist vor allem die von ihm mit Studierenden vorangetriebene Rekonstruktion der östlichen Zweige des Jakobsweges zu nennen, der von den baltischen Ländern über Polen und Frankfurt (Oder) ins Alte Reich und weiter über Frankreich in den spanischen Pilgerort Santiago de Compostela führte. Ob an der Oderbrücke, in den Dörfern oder auf Feldwegen – beiderseits der Oder orientieren sich Menschen mit Rucksack nun wieder an den Markierungen mit dem alten Symbol: der Jakobsmuschel.
Die Umsetzung solcher Vorhaben hat vielen seiner Absolventinnen und Absolventen ganz eigene Berufswege in der Wirtschaft, der Verwaltung oder in Kultureinrichtungen eröffnet – so, wie er es sich für seine Studierenden immer gewünscht hat.
Alle, die ihn gekannt haben, wissen, dass die ihm wichtigsten Brücken immer die zwischen den Menschen waren. Insbesondere die engen Verbindungen zu seinen Studierenden und seinen Absolventinnen und Absolventen zeigen das deutlich. So war fast die Hälfte der „Ehemaligen“ beim ersten Alumni-Treffen zurück an die Viadrina gekommen, um sich mit ihrem „Knefl“ zu treffen. Das hat ihn immer wieder sehr berührt. Auch mit schon deutlich schwindenden Kräften hat er regelmäßig den Weg aus seiner Heimat Bamberg nach Frankfurt (Oder) auf sich genommen, um noch Prüfungen für seine Studierenden anzubieten.
Einige von uns hatten das Glück, ihn bei diesen Besuchen noch bis vor Kurzem treffen zu können. Wir werden ihn sehr vermissen und sein Erbe schätzen und pflegen.
Als institutioneller Brückenbauer knüpfte er schon früh Kontakte zwischen der Viadrina und vielen polnischen Hochschulen. Zentral war für ihn neben der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań und der Uniwersytet Warszawski von Beginn an die Verbindung zwischen der Viadrina und der Universität in Wrocław. Zahlreiche gemeinsame Vorhaben hat er angestoßen und mit umgesetzt – bis heute wegweisend ist die Digitalisierung der Bibliothek der alten Viadrina, die seit Schließung der alten Frankfurter Universität physisch in Wrocław zu Hause ist.
Von großer Bedeutung war für „Uli“, wie die meisten ihn nannten, die Verbindung zwischen der Viadrina und der Stadt Frankfurt (Oder). Auch diese Bezüge spiegeln sich in seinen Publikationen, etwa in seinem Sammelband zur Antichrist-Darstellung in den Glasmalereien der Frankfurter Marienkirche wider. Sein Buch zur Stadtgeschichte vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart und seine Studie über „Frankfurt (Oder) und die deutsche Sportgeschichte“ sollten in Frankfurt alle kennen. Ulrich Knefelkamp ist aber einer der Wissenschaftler, die nicht nur durch ihre Bücher wirken. Er wirkt weiterhin auch durch seine immer historisch geerdeten Projekte, die nicht nur die Verbindungen zwischen Universität, Stadt und Region stärken, sondern auch die Verbindungen zwischen den polnischen und deutschen Nachbarn. Zudem hat er die Studierenden ermutigt und befähigt, lokale Projekte zu entwickeln, in denen Stadtverwaltung, örtliche Vereine und einzelne Bürgerinnen und Bürger kooperierten. Neue Vereine gingen daraus hervor, wie der Förderverein zur Erforschung der Geschichte der Viadrina oder die international ausgerichtete Jakobusgesellschaft Brandenburg-Oderregion. Von seinen größeren Projekten ist vor allem die von ihm mit Studierenden vorangetriebene Rekonstruktion der östlichen Zweige des Jakobsweges zu nennen, der von den baltischen Ländern über Polen und Frankfurt (Oder) ins Alte Reich und weiter über Frankreich in den spanischen Pilgerort Santiago de Compostela führte. Ob an der Oderbrücke, in den Dörfern oder auf Feldwegen – beiderseits der Oder orientieren sich Menschen mit Rucksack nun wieder an den Markierungen mit dem alten Symbol: der Jakobsmuschel.
Die Umsetzung solcher Vorhaben hat vielen seiner Absolventinnen und Absolventen ganz eigene Berufswege in der Wirtschaft, der Verwaltung oder in Kultureinrichtungen eröffnet – so, wie er es sich für seine Studierenden immer gewünscht hat.
Alle, die ihn gekannt haben, wissen, dass die ihm wichtigsten Brücken immer die zwischen den Menschen waren. Insbesondere die engen Verbindungen zu seinen Studierenden und seinen Absolventinnen und Absolventen zeigen das deutlich. So war fast die Hälfte der „Ehemaligen“ beim ersten Alumni-Treffen zurück an die Viadrina gekommen, um sich mit ihrem „Knefl“ zu treffen. Das hat ihn immer wieder sehr berührt. Auch mit schon deutlich schwindenden Kräften hat er regelmäßig den Weg aus seiner Heimat Bamberg nach Frankfurt (Oder) auf sich genommen, um noch Prüfungen für seine Studierenden anzubieten.
Einige von uns hatten das Glück, ihn bei diesen Besuchen noch bis vor Kurzem treffen zu können. Wir werden ihn sehr vermissen und sein Erbe schätzen und pflegen.