Mädchentreffen
2006
In der Schule waren wir eine kleine, noch gänzlich unradikale Minderheit
mit „Exotenstatus“ und vielleicht dachten manche „Jungs“, wir hätten es
deswegen leichter gehabt. Aber die entwertenden Vorurteile, die Scheren im
Kopf existierten ja doch auch bei uns selber, Mädchen, die in den 50er und
60er Jahren der Nachkriegs-BRD groß wurden.
Ganz selbstverständlich mußten wir uns sagen lassen:„Hübsch sein alleine
reicht nicht“ einerseits und „Mädchen können sowieso nicht logisch denken“
andererseits und uns „Das Kaffeekränzchen“ nennen lassen! Wir dachten ja
auch selber irgendwie: Als Mädchen bin ich entweder hübsch und doof oder
schlau und unattraktiv! Aber eigentlich waren wir allesamt schlau und
attraktiv.
Einerseits waren wir ja nur Mädchen, andererseits aber doch privilegiert.
Aber: Eine Schwangerschaft in der Schulzeit mußte in ferne Bundesländer
verbannt und als Nierenbeckenentzündung deklariert werden - political
correctness der 60erJahre - wie schade eigentlich!
Gut, daß später der große Aufbruch kam. „Gemeinsam sind wir stark“ hieß es
für uns dann in den 70ern und es gab spannende Welten zu entdecken.
Vor fünf Jahren kamen wir , angeregt von Jutta, zum ersten Mal auf die
Idee, ein Treffen der „Mädchenfraktion“ zu machen und trafen uns daraufhin
erstmalig in Nordwalde bei Jutta Hille-Menke! Wievieles war passiert, und
wie selbstverständlich groß war jetzt die Anteilnahme.
Und in diesem Jahr trafen wir uns bei Renate Prollius in Bendestorf bei
Hamburg. Diesmal auch komplett: Adelheid Pohlmann, Jutta Menke-Hille,
Kristina-Gaede-Schroeder, Petrea (Lauritzen)Reinhardt und Renate Prollius.
Ja, wir sind die Generation der Doppelnamen-Frauen! (Christa
Babenhauserheide soll nicht unerwähnt bleiben, sie war denn doch zu weit
weg in Utah USA.)
Auf dem „Beweisfoto“ sitzen wir wieder ganz brav in der Runde, diesmal bei
der Hafenrundfahrt in Hamburg. Es gab also für uns fast 60 Stunden Zeit
zum Erzählen, Zuhören, Fragen, Lachen und Staunen, was 5 starke Mädels
alles so auf die Reihe gebracht haben: Neben insgesamt 12 Kindern sind da
6 Ehen, mehr als 5 Studiengänge mit Abschlüssen, einer Promotion, viel
viel Arbeit und Lebensläufe mit Glanzpunkten und heftigen Krisen für jede
von uns. Genug für eine vielteilige Telenovela ohne Langeweile!
Wir brauchen noch unbedingt weitere Treffen, um die Zeit „zwischendrin“
wieder zusammenzutragen. Am Ende des Treffens verteilten wir uns wieder
zwischen Schwarzwald, Berlin, Hamburg und NRW, fast selber erstaunt, was
alles aus dem Kaffeekränzchen geworden ist!
Renate Prollius 28.04.06